Schautanz (Showtanz)
Was ist das eigentlich?
Kreativität pur – Der karnevalistische Schautanz im Fokus
Wer an Karneval und den karnevalistischen Tanzsport denkt, dem kommen sicherlich zuerst die Garden und Tanzmariechen in den Sinn. Schließlich sind sie das Markenzeichen unseres Sports.
Doch auch die Disziplin Schautanz, manchmal auch Showtanz genannt, hat sich in den letzten 25 Jahren einen festen Platz im Bereich des karnevalistischen Tanzsports gesichert.
Spektakuläre Kostüme und Requisiten, Kreative Interpretationen von Musik und Themen, die tänzerische Vermittlung von Emotionen: Das alles vereint der Schautanz in Perfektion auf den Bühnen der Karnevalsvereine und im Turniertanzsport. In diesem Artikel tauchen wir tiefer ein die den Bereich Showtanz. Wir schauen uns die Geschichte an, die Unterschiede zwischen den einzelnen Verbänden und die Kernelemente des Tanzstils.
Woher kommt der Schautanz?
Befragt man Google so findet man zur Geschichte des Schautanzes tatsächlich gar nicht so viel. Ähnlich wie der Gardetanz auch, kommen die Wurzeln des Schautanzes aus dem Revutheatern der 20er Jahre.
Das verruchte Moulin Rouge mit seinen Can Can Tänzerinnen kennt sicherlich jeder. Bereits damals traten Tänzerinnen mit spektakulären Kostümen auf den Bühnen auf, um ihr Publikum zu unterhalten.
Mit der heutigen Tanzsportdisziplin hat der Tanz von damals jedoch nicht mehr viel zu tun – außer vielleicht, dass das Thema aufgegriffen und vertanzt wird. Eine genaue Definition bzw. Einschränkung des Showtanzes – wie beispielsweise beim Gardetanz oder bei Standard- oder Lateintänzen – gibt es faktisch nicht. Er ist stilistisch nicht gebunden, die Umsetzung liegt bei der Gruppe selbst. Durch diese Freiheit bietet der Schautanz Jahr für Jahr ein großes Potential für Überraschungen und Abwechslung auf den Karnevals- und Turnierbühnen.
Übrigens: Seit 1996 ist der Showtanz offiziell Teil des karnevalistischen Tanzsports.
Verbände im Überblick – Showtanz ist nicht gleich Showtanz
In allen vier karnevalistischen Verbänden findet der Schautanz bzw. Showtanz in einer oder sogar mehreren Disziplinen seinen Platz. Dabei wird klar: Eine einheitliche Definition gibt es nicht. Jeder Verband legt seine eigenen Anforderungen und Regeln fest. Dies macht den Showtanz besonders abwechslungsreich, eine Definition für den sportfremden Betrachter jedoch nahezu unmöglich.
Im Folgenden schauen wir uns die unterschiedlichen Formen des Tanzstils je Verband an.
Schautanz im Bund deutscher Karneval (BDK)
Im BDK geht es beim Schautanz um die tänzerische Darstellung eines bestimmten Themas. Am Anfang steht also immer eine Geschichte, die auf die Bühne gebracht werden soll. Dabei muss das Thema altersgerecht sein, neue bzw. innovative Themen werden höher bewertet.
Beim Kostüm gibt es die Besonderheit, dass hier zwar Teile aus, jedoch nicht angezogen werden dürfen. Kopfbedeckungen, Requisiten und Accessoires bilden allerdings die Ausnahme.
Besonders wichtig die die Kreativität, Schrittvielfalt und Präsentation des Tanzes. Tanz und Themendarstellung müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstehen. Überraschungseffekte und Stilmittel wie Dramatik, Witz und Humor werden positiv bewertet.
Auch die Ausführung ist entscheidend. Diese muss exakt, sauber und im Takt der Musik erfolgen. Mimik und Körpersprache sind im Schautanz sehr wichtig und unterstreichen das Thema. Schlussendlich muss der Gesamtaufbau des Tanzes flüssig und kreativ und das Thema verständlich sein.
Alle Regeln im Detail findest du hier.
Schautanz im Deutschen Verband für Garde- und Schautanzsport (DVG)
Hier ein Überblick:
Schau Solo
Wie der Name bereits vermuten lässt, tritt hier eine Person allein auf der Bühne auf. Dabei gibt es keine Geschlechterunterscheidung.
Ein Thema muss nicht direkt vertanzt werden – die tänzerische Vermittlung von Gefühlen und Selbstdarstellung steht im Vordergrund. Der Tanz kann dabei klassisch, modern, witzig, emotional oder tragisch sein.
Im Schau Solo hat man die Chance, seine individuellen Besonderheiten und Fähigkeiten auf die Bühne zu bringen. Technisch exakte Bewegungsausführungen bilden die Basis – akrobatische Elemente sind erlaubt. Der Tanz sollte dabei immer im Vordergrund stehen.
Schau Duo
Im Schau Duo geht es um die tänzerische Symbiose zweier Personen – auch hier spielt das Geschlecht keine Rolle. Der Tanz kann synchron, gegeneinander oder im Wechselspiel erfolgen – alles ist erlaubt.
Eine wichtige Rolle spielt hier das harmonische Zusammenspiel der Tänzer*innen gepaart mit einer guten Technik und einer passenden Gestik und Mimik. Requisiten sind wie auch beim Schau Solo erlaubt.
Charakter
Diese Disziplin lässt sich am besten mit dem Schautanz im BDK vergleichen. Im Charakter wird eine Geschichte bzw. ein Thema vertanzt. Fantasie und Kreativität in der Themenwahl sind das A & O.
Die Choreografie muss das Thema tänzerisch umsetzten. Dabei darf man sich aus allen Tanzstilen bedienen. Jedoch darf der Tanz nicht nur aus einer Stilrichtung, zum Beispiel dem Gardetanz, bestehen. Einzelne Elemente sind jedoch erlaubt.
Freestyle
Ganz anders kommt der Freestyle auf die Bühne. Ein Thema oder eine Handlung gibt es nicht. Der Tanz ist experimentell und bietet Raum für eine kreative und außergewöhnliche Interpretation der Musik.
Tanztechnik und Körpersprache sowie eine harmonische und kunstvolle Choreografie stehen im Zentrum. Durch die freie Interpretation dieses Tanzstils ist der Freestyle im Turniergeschehen eine der anspruchsvollsten Disziplinen.
Modern
Wer zum ersten Mal einen Modern-Schautanz im DVG sieht, wird vom Tempo des Tanzes überwältigt sein. Blitzschnell und mit einer großen Portion Action und Dynamik fliegen die Tänzer*innen über die Bühne.
Der Kern dieser Disziplin besteht aus vielfältigen Formationen und Bildern sowie Tempowechseln. Ein Thema wird auch hier nicht vertanzt. Den Schritten liegen die Stilrichtungen Jazz und Ballett zugrunde. Im Modern müssen zudem gewisse Pflichtelemente gezeigt werden.
Schautanz mit Hebefiguren
Die letzte und jüngste Disziplin der Schautänze ist sicherlich mit eine der spektakulärsten. Denn im Schautanz mit Hebefiguren geht es hoch hinaus. Eine technisch korrekte und sichere Ausführung der Hebungen ist dabei ausschlaggebend.
Neben den Hebungen liegt der Schwerpunkt dieser Disziplin in Drehungen, Sprüngen und vielfältigen Schrittkombinationen. Höhen und Tiefen der Musik müssen aufgegriffen und kreativ vertanzt werden. Eine Geschichte ist auch hier nicht notwendig.
Showtanz in der Internationale Interessengemeinschaft Tanzsport (IIG)
Auch in der IIG werden im Showtanz mehrere Disziplinen unterschieden. Da die IIG ein internationaler Verband ist, kann man sich auf Turnieren mit anderen Tänzerinnen und Tänzern weltweit messen. Hier findest du mehr Infos zu den Tänzen in der IIG – eine Übersicht der Disziplinen bekommst du jetzt:
Künstlerischer Tanz (Solo, Paar, Gruppe)
Dieser Disziplin wird eine fundierte, meist mehrjährige Tanzausbildung aus einem der Bereiche Ballett, Stepptanz, Modern Dance oder ähnlichem vorausgesetzt. Die Ausbildung muss in der tänzerischen Ausführung sichtbar werden.
Herausfordernde Elemente wie Sprünge, Pirouetten und Überschwünge sollten enthalten und fließend im Tanz integriert sein.
Folklore (Gruppen)
Traditionelle Volkstänze aus allen Regionen der Welt werden in der Disziplin Folklore dargeboten. Dabei wird viel wert auf den tatsächlichen Ursprung gelegt. Die Tänze müssen so dargestellt werden, wie sie im Dorf oder einer Region wirklich getanzt werden – nicht wie man sie aus Filmen oder Musicalproduktionen kennt.
Die Musik darf modern sein, ebenso die Choreografie. Jedoch muss der Charakter und Rhythmus des Originaltanzes erhalten bleiben, ergänzt um die Originalschritt und -kostümteile.
Moderne Gruppenformationen (Solo, Paar, Gruppe)
Hier ist Platz für alle modernen Tanzstile wie Hip-Hop und Streetdance aber zum Beispiel auch Standard- und Lateintänze. Eine spannende und abwechslungsreiche Choreografie steht im Fokus. Ein klarer und passender Ausdruck in Gestik und Mimik rundet den Tanz ab.
Bei den Junioren (bis 11 Jahren) dürfen keine Hebungen gezeigt werden – ab den Senioren sind diese ausdrücklich erwünscht. Wichtig ist dabei, dass sie fließend in den Tanz eingebunden werden und die Gruppe immer in Bewegung ist. Würfe sind verboten.
Akrobatiktanz (Solo, Paar, Gruppe)
Der Akrobatiktanz folgt im Grunde denselben Kriterien wie die Moderne Gruppenformation. Mit der Ausnahme, dass hier akrobatische Figuren wie der Salto oder Flik-Flak ausdrücklich erlaubt sind. Auch Würfe sollen hier gezeigt werden.
Schautanz in der Rheinischen Karnevals-Korporation (RKK)
In der RKK werden zwei Disziplinen im Bereich Schautanz unterschieden.
Schautanz
Beim Schautanz im RKK kommt es vor allem auf eine exakte und saubere Ausführung der Schritte im Takt der Musik an. Das Tanzen und auch Schwierigkeiten wie Hebungen sollen leicht und fließend aussehen. Die Tänzer*innen müssen sich harmonisch zueinander bewegen. Das Kostüm muss zur Thematik des Tanzes passen.
Möglichst viele Schritte sowie ergänzende Figuren wie Hebungen, Drehungen und Sprünge werden besser bewertet. Die Freude und der Spaß am Tanz muss erkennbar sein. Dies zeigt sich vor allem in einem gelösten und natürlichen Gesichtsausdruck, der das Thema des Tanzes unterstreicht.
Schlussendlich muss die Choreografie sich als Tanzbeschreibung wie ein roter Faden durch die Darbietung ziehen. Bewegungen und Formationen müssen ideenreich, kreativ und effektvoll sein.
Schaudarbietung
Im Gegensatz zum Schautanz werden in der Schaudarbietung auch eine Kulisse und Requisiten explizit gewünscht. Die Kulisse muss dabei zum Thema passen, drei Requisiten sind Pflicht.
Schritte und Bewegungen müssen exakt ausgeführt werden, das Thema und der Hintergedanke des Tanzes soll klar zu erkennen sein. Damit das Thema besser verstanden wird, kann bei Turnieranmeldung eine Tanzbeschreibung hinzugefügt werden.
Hebungen stellen ein Pflichtelement dar, es sollten zudem möglichst viele Schritte gezeigt werden – schwierigere Bewegungen werden besser bewertet, sofern sie exakt ausgeführt werden. Auch hier spielt die erkennbare Freude am Tanzen und die harmonische Choreografie eine große Rolle.
Der Tanzstil Schautanz
Wie du siehst, kann man den Tanzstil gar nicht einheitlich beschreiben. Jeder Verband hat seine eigene Definition – teilweise nochmal unterschieden in Unterdisziplinen.
Was alle gemein haben: Emotionen werden tänzerisch auf der Bühne dargestellt. Die Bewegungen kommen häufig aus dem Jazz- oder Modern Dance Bereich. Auf eine technisch korrekte Ausführung wird in allen Verbänden viel wert gelegt.
Ebenso spielen die Gestik und Mimik in allen Schautanz-Disziplinen eine große Rolle. Der Funke, die Emotion soll über diese zum Publikum überspringen.
Kurz gesagt: Schautanz ist die pure Freude am Tanzen.
Schautanz-Themen
Werfen wir noch kurz einen Blick auf die Themen des Schautanzes. In jedem Verband gibt es mindesten eine Disziplin, welche Wert auf ein Thema – eine Geschichte legt.
Dabei muss das Thema kreativ und außergewöhnlich sein. Das Thema muss nicht immer brandneu sein – schon neue, individuelle Interpretationen von Themen können auch bekannte Geschichten in einem neuen Gewand darstellen.
Bei der Erstellung deiner Geschichte empfiehlt es sich, auf den Spannungsbogen zu achten. Die Geschichte sollte sich Stück für Stück aufbauen. Überraschungseffekte oder unerwartete Wendungen machen die Geschichte reizvoll und für das Publikum interessant.
Wie du zu kreativen Themen für deinen Showtanz kommst, erfährst du in meinem Blogartikel.
Kostüme und Musik
Zu Musik und Kostümen im Schautanz gibt es kaum Regeln und Vorgaben. Bei den Kostümen ist darauf zu achten, dass diese nicht sittenwidrig sind. Zum Beispiel sollte unter Röcken immer noch eine kurze Hose getragen werden, um Einblicke zu vermeiden.
Zudem sollten die Kostüme und Accessoires sauber sein und dürfen nicht auseinander bzw. beim Tanzen abfallen.
Auch die Musik kann in den meisten Schautanz-Disziplinen frei gewählt werden. Dabei sollte man darauf achten, dass diese die Geschichte verständlich unterstreicht und altersgerecht ist. Beleidigende oder Diskriminierende Musik ist nicht erlaubt.